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Sea Kayaking - Teil 2

 

 

 

 

 

 

 

 

Entlang der Inselwelt der Kornaten bis zur "Perle der Adria"

Von Dugi Otok bis nach Dubrovnik

 

 

          Ein kleines Fischerdorf namens Sali war unser Ziel. Nach fast 50 Kilometern liefen wir in dem kleinen, geschützten Hafen der einheimischen Fischer ein. Ich sprang aus dem Kajak und streckte (endlich) meine Beine. Einige Männer waren gerade damit beschäftigt Reparaturarbeiten an einem Holzboot durchzuführen. Ich ging auf sie zu und erkundigte mich, ob sie wüssten, wo wir die Nacht hier verbringen könnten. Sie beratschlagten kurz, konnten uns aber nicht weiterhelfen. Ein Mann, der an einem Balkon lehnend im dritten Stock eines dem Meer zugewandten Hauses lehnte, schrie ein paar Worte in unsere Richtung. Die Männer nahmen ihre Arbeit wieder auf, sagten mir aber zuvor, dass ich kurz hier warten solle. Eine kleine Tür öffnete sich, ein dunkelhaariger, braungebrannter Kroate trat heraus und stellte sich in gebrochenem Englisch vor.

Darko war interessiert an unseren Kajaks und unserer Art zu reisen. Wir erklärten ihm, dass wir die gesamte Strecke bis nach Dubrovnik damit zurücklegen wollten. Mit einem ungläubigen Grinsen schüttelte er seinen Kopf und verkündete, dass wir „verrückt“ seien. So eine große Distanz nur mit Muskelkraft zurückzulegen, konnte er sich nicht vorstellen. Als er jedoch hörte, dass wir bereits 200 Kilometer geschafft hatten, schüttelte er seinen Kopf erneut. Diesmal aber anerkennend.

Ein paar Telefongespräche später, hatte Darko für uns einen Platz zum Schlafen organisiert. Da dieses Apartment auf einem Hügel mitten im Dorf lag, bot er sich an, auf unsere Kajaks aufzupassen. Wir nahmen nur das nötigste aus den Booten, was wir in den nächsten Tagen brauchen würden. Darko und ich trugen sie dann in eine Art Abstellkammer. Als unser Zeug in seinem alten und rostigen VW Bus verstaut war, fuhr er uns durch die engen und steilen Gassen von Sali zu unserer privaten Unterkunft.

Was für eine willkommene Abwechslung, die folgenden Tage in diesem urigen, kroatischen Dorf verbringen zu können. Wir aßen Spaghetti mit Tintenfisch in einer Taverne direkt am kleinen Hafen voller Leben, spazierten durch das historische Dorfzentrum und bestiegen einen namenlosen Gipfel, von wo aus wir den ersten Blick auf die Inselwelt des Kornaten Nationalparks werfen konnten.

Die Kornaten sind eine Gruppe von ungefähr 130 Inseln, Eilanden und Riffen, welche sich in der tiefblauen Adria über eine Fläche von ca. 64 Quadratkilometern erstreckt. Die größte Insel ist Kornat, die auch als Namensgeber diente. Bis auf einen kleinen Teil an kultiviertem Land, wo Feigenbäume, Oliven und Weingärten stehen, bestehen die felsigen Kornaten aus spärlichem Grasland, seltenen Baumarten und mediterranem Gestrüpp. Erosion durch das Meer, unkontrolliertes Grasen durch Schafherden und Waldbrände hatten die Inseln ihrer ursprünglich üppigen Vegetation beraubt. Die Menschen waren gezwungen auf grünere Inseln umzusiedeln. In den Kornaten gibt es keine dauerhaften Bewohner und auch keinerlei Trinkwasserquellen (nur Regenwasser wird gesammelt). Berühmt ist das Inselreich für die schroffe Küste mit vielen Höhlen und Buchten. Wir konnten es nicht erwarten, diese magischen Inseln zu erkunden. Obwohl uns der Abschied von Darko und dem entspanntem Leben in Sali nicht leicht fiel, waren wir voll motiviert die Paddel wieder ins Wasser zu tauchen.

Zeitig in der Früh brachen wir nach zwei Ruhetagen auf. Die Sonne schien. Das Velebit Gebirge am Horizont war zuerst wegen des Morgendunstes kaum zu erkennen, trat dann aber immer deutlicher hervor.

Wir "tauchten" in den Kornaten Archipel ein, der Wechsel in der Landschaft war beeindruckend. Die karge Schönheit dieser Inseln zog uns in ihren Bann. Nach nur 10,5 nautischen Meilen konnten wir der Versuchung nicht mehr widerstehen und errichteten unser Camp nahe eines Kiesstrandes, der inmitten einer solch faszinierenden Umgebung lag.

Der Höhepunkte des folgenden Tages waren zweifelsohne die steilen Klippen an der exponierten Westseite des Archipels. Senkrechte Felswände, die über 100 m direkt aus dem Meer ragten, ließen uns winzig klein erscheinen. Da zogen die Ruinen alter Steinhäuser auf der Insel Mana unsere Aufmerksamkeit auf sich. Errichtet wurden sie als Film-Set für den 1959 gedrehten Film "Raubfischer in Hellas" (engl. „As the Sea Rages“), mit Cliff Robertson und Maria Schell in den Hauptrollen.

Auf der weiteren Strecke entlang der äußeren Inseln waren Plätze zum Anlanden rar. Schließlich verließen wir den Kornaten Nationalpark. So ging wieder ein heißer Tag zu Ende, als wir unser Zelt auf einer von den ewig anrollenden Wellen geformten Felsplattform aufbauten. Perfekte Wetterbedingungen erwarteten uns auch am nächsten Morgen, und wir waren froh wieder unsere Segel setzen zu können. Paddel-segeln mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von über 7 Kilometern pro Stunde ist eine wunderbare Art zu reisen. Eine finale Querung von 15 km führte uns wieder zurück zum Festland Kroatiens.

Es war erst früh am Nachmittag, doch wir hatten schon unser Tagesziel erreicht - Primosten, die bis zu diesem Zeitpunkt größte Stadt auf der Tour. Das historische Zentrum liegt auf einer kleinen Halbinsel. Einen geeigneten Platz zum Zelten gab es nicht, so paddelten wir entlang des Ufers auf der Suche nach einer Bleibe für die Nacht. Ein Hotel im Stil der 70er Jahre hatte ebenerdige Apartments mit einem schönen Ausblick auf die Altstadt im Erdgeschoss. Ich sprang aus dem Kajak unter den Blicken neugieriger, russischer Badeurlauber. Der Concierge des Hotels organisierte uns das Zimmer, das wir wollten. Perfekt! Wir brachten zuerst all unsere Ausrüstung und dann die Kajaks zur Unterkunft. Die Terrasse davor war so groß, dass wir unsere beiden Boote versteckt direkt darauf "parken" konnten.

 

Ausblick auf die Altstadt von Primosten

Nach einem Tag Pause und mit neu aufgefüllten Vorräten, kamen wir schnell wieder in den so gewohnten Paddelrhythmus. Einige Zeit folgten wir dem Festland, bevor wir erneut zum Insel-hüpfen übergingen. Wir kajakten mit Kurs Südost entlang der abgelegenen Südseite der Insel Solta weiter zur Insel Brac, die Berühmtheit vor allem durch die Marmorvorkommen erlangt hatte, welche beim Bau so bekannter Bauwerke wie zum Beispiel des Weißen Hauses in Washington oder der Notre Dame Kathedrale in Paris verwendet wurden.

Während der 7,5 nautischen Meilen langen Querung zwischen Brac und der Insel Hvar (der "Königin der Inseln Dalmatiens") überraschte uns der plötzlich auffrischende Wind. Innerhalb kürzester Zeit entwickelte er eine solche Kraft, dass wir vom Kurs abkamen und nur mühsam wieder den verlorenen Weg gutmachen konnten. Erst um den westlichsten Punkt Hvars herum fanden wir eine geschützte Bucht für eine kurze Erholungspause. Anschließend schlängelten wir uns dem Südufer entlang bis wir das gleichnamige alte Städtchen erreichten.

Den Hafen von Hvar umgibt eine Promenade, mit einer Allee aus Palmen und eine 700 Jahre alte Stadtmauer. Hoch über der Bucht thront eine Festung, welche zum Schutze Hvars entstanden war. Sie erstreckt sich bis hinunter zur Altstadt mit den urigen Häusern und mittelalterlichen Plätzen. Jahre zuvor waren wir schon einmal hier gewesen (damals in unserem Doppel-Faltkajak) und auch diesmal waren wir wieder fasziniert von der Atmosphäre und dem Charme dieses so geschichtsträchtigen Orts. Ein schmaler Strand gegenüber einer Kirche war der perfekte Platz um an Land zu gehen. 

Die Kombination aus einsamen Tagen des Paddelns entlang der wild-romantischen Küste mit ihren versteckten Buchten und Inseln und dem ruhigen Lebensrhythmus in den alten Dörfern und Städten macht das Kajaken an der Küste Kroatiens zu einem faszinierendem Erlebnis.

Hoch aufragende Felswände dominierten das Bild der Küstenlandschaft während der nächsten Etappe - was für steife Hälse aufgrund des dauernden nach oben Blickens und Staunens sorgte. Die Berge wurden dann flacher und wichen bald sanfteren, dicht mit Bäumen bewachsenen Hügeln. Auf längeren Abschnitten war ein Anlanden nicht möglich und wir litten etwas unter der sengenden Hitze. Eine willkommene Richtungsänderung des Windes auf einen Nordwester erlaubte uns wieder einmal das Setzen der Segel. Wir steuerten unser Kajaks, unterstützt von bis zu 1,5 Meter hohen Wellen Richtung der Halbinsel Peljesac. Diese Landmasse ragt weit westwärts vom Festland ins Meer hinein und ist die Heimat der letzten Kojoten der Region, welche man des Nächtens heulen hören kann. Wir campten auf einem kleinen Stückchen Strand welches gerade einmal groß genug für unser Zelt war. In dieser Nacht war leider von den Kojoten nichts zu hören, nur die Stille der Wildnis umgab uns.

 

 

 

 

Korcula ist ein mittelalterliches Städtchen, welches eine sehr gut erhaltene Festungsmauer umgibt. Zugleich war sie auch die letzte größere Siedlung, auf die wir am Weg nach Dubrovnik treffen würden. Wir kamen kurz vor Mittag an. Einen Platz für die Nacht zu finden, war aber eine ganz und gar nicht einfache Angelegenheit. Nathalie behielt die Kajaks im Auge, während ich durch die Straßen von Korcula streifte, auf der Suche nach einem freien Quartier. Endlich erfolgreich, verstauten wir die Boote mit der Hilfe einiger Einheimischer dann in einer leer stehenden Hütte beim Strand.

Ein Spaziergang durch die schmalen Gassen war wie eine Reise in längst vergangene Zeiten. Obwohl uns alte Siedlungen wie diese begeistern – wenngleich sie auch manchmal fast schon zu große Menschenmassen anziehen – so schlägt unser Herz doch mehr für die raue Natur und dem Alleinsein in ungezähmter Wildnis. Nach kurzer Rast und dem Festlegen des Kurses für die verbleibende Wegstrecke, waren wir schon neugierig, was uns auf den letzten Etappen noch erwarten würde.

Kurz gefasst hier die Highlights: Unsere finalen Paddeltage beinhalteten viiieeeel Gegenwind aller nur vorstellbarer Arten: eine ständige Brise von ungefähr 10 Knoten (welche uns nur ein bisschen langsamer paddeln ließ), Böen bis zu 20 Knoten (welche uns zwangen hart und konzentriert zu kajaken) und schließlich heulender Sturm von 35 Knoten (welcher uns so schnell wie nur möglich Schutz suchen ließ). Die Südküste der Peljesac Halbinsel hinter uns lassend, gelangten wir in den Kolocepski Kanal (nördlich der Insel Jakljan), welcher weiter zur berühmten „Perle der Adria“ führte. Die körperlichen Anstrengungen dieser letzten Tage auf Tour kumulierten schlussendlich in der Ankunft in Dubrovnik, im äußersten Süden Dalamtiens. Die Menschen am Strand konnten mit unserem Jubel nichts anfangen. Keiner wusste, was hinter uns lag. Wir warfen die Paddel zu Boden und öffneten eine kleine Flasche Sekt, welche in den Tiefen des hinteren Stauraums meines Kajaks so lange aushalten musste.

Die strategisch perfekte Lage im östlichen Teil der Adria führte in Zeiten regen Handelsschiffsverkehr zu  Reichtum, der Dubrovnik zu einer wichtigen Metropole werden ließ. Über Jahrhunderte entstand eine kulturelle Vielfalt, welche auch der Grund war, warum die UNESCO im Jahr 1979 das historische Zentrum der Altstadt als Weltkulturerbe ausgezeichnet hatte und damit schützte. Das markanteste Merkmal ist sicher die Stadtmauer, welche rund 2 Kilometer lang um das Zentrum verläuft und bis zu 6 Meter breit ist. Das System aus Türmen und Kanzeln sollte die Stadt schützen. Gegen das heftige Bombardement während des Krieges nach dem Zerfall Jugoslawiens im Jahr 1991 konnte die Mauer jedoch kaum was ausrichten. Es brauchte lange Zeit um den entstandenen Schaden wieder zu reparieren. Heutzutage präsentiert sich die Stadt als wunderbar renoviertes mittelalterliches Juwel.

Wir erkundeten das Zentrum zu Fuß, aber auch mit unseren Kajaks während eines spannenden Tagetrips entlang der monumentalen Stadtmauer. Zwei Tage waren nicht wirklich genug um all die interessanten Details der Stadt in uns aufzunehmen, aber es reichte für einen kurzweiligen ersten Eindruck dieses geschichtsträchtigen Orts. Der Fährhafen war nur 4 Kilometer entfernt und mit unseren Kajaks leicht zu erreichen. Am Tag unserer Abfahrt gab es keinen Grund zur Eile. Wir hatten die zwei Tickets für die Jadrolinja Fähre von Dubrovnik zurück nach Rijeka bereits während unseres Aufenthalts in Korcula organisiert. Nachdem wir die Kajaks unter Deck verstaut und vertäut hatten, standen wir an der Reling und blickten zurück auf das langsam am Horizont verschwindende Dubrovnik.

Am Weg nach Norden kamen wir an Teilen unserer Kajakroute vorbei, und die erhöhte Perspektive des oberen Decks eröffnete ganz neue Perspektiven der vielfältigen Inselwelt. An einem Cappuccino nippend, dachte ich zurück an die oft anstrengenden Tage auf dem Wasser. Man nimmt eine unbekannte Landschaft erst richtig wahr, wenn man so langsam darin reist, wie wir das taten.

Die Fähre benötigte nur 24 Stunden um uns nach Rijeka und somit fast zurück an unserem Ausgangspunkt zu bringen. Eine letzte Etappe fehlte noch: Die 19 Kilometer zurück  nach Medveja. Nachdem die Fähre angedockt hatte, entluden wir die Kajaks und versuchten einen geeigneten Ort zum Ablegen zu finden. Als wir einen solchen ausgemacht hatten und gerade dabei waren die Trolleys (kleine Kajakwagen) zu zerlegen, da kam ein Hafen Offizier auf uns zu. Er teilte uns mit, dass es hier nicht erlaubt war ins Wasser zu gehen (nur Tourschiffe, Fähren und Frachter dürfen hier verkehren). Ich erklärte ihm die Situation, und die Dringlichkeit hier abzulegen, um unseren Trip beenden zu können. Es gab für uns auch keine Möglichkeit die Boote auf eine andere Weise nach Medveja zu bekommen. Er war wenig erfreut  über uns "Störenfriede" und machte eine strenge Miene. Aber um uns endlich loszuwerden meinte er, mit einem Wink auf das Meer hinaus „schaut zum Teufel, dass ihr weiter macht, und verschwindet von hier so schnell wie möglich“. Wir legten eine neue Bestzeit im Ablegen hin und verließen den Gefahrenbereich mit einem Lächeln auf dem Gesicht.

Navigieren war nun nicht mehr notwendig. Der Kurs verlief quasi nahezu geradeaus. In Opatija hielten wir für eine letzte kurze Pause, bevor wir dann endlich unseren Ausgangspunkt erreichten und damit am Ziel angelangt waren. Nach 563 Paddelkilometern  umrundeten wir das finale Kap. Geschafft!

Zum Artikel in englischer Oringinalfassung (PDF) >>     

 

 

 

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