"Wenn
ein Mensch sich von zu Hause auf eine Reise begibt
und
immer weiter geht,
kommt
er eines Tages an seine eigene Tür zurück."
John Mandeville
Tempeltänzerinnen
Bali
______________________
Ankunft im fernen Osten
Der Trubel auf den Straßen in Kuta (Bali) ist ein ungewohntes
Bild für uns. Das letzte Mal haben so chaotische Zustände in
Marrakech geherrscht. Mopeds, Autos, Radfahrer, Pferdefuhrwerke,
von Menschenhand gezogene Anhänger ... dazwischen streunende
Hunde und furchtlose Katzen - die Straßen sind verstopft. Nichts
geht mehr. Und dennoch, eines fällt sofort auf ... keinen scheint
dieser Zustand zu stören. Keiner verliert die Fassung, nur weil
ihm die Vorfahrt genommen wird (so etwas wie "Vorfahrt"
existiert hier eigentlich gar nicht), niemand hupt aggressiv um seiner
Ungeduld Luft zu machen. Wenn der Verkehr steht, dann wartet man.
Unvorstellbar wäre solches Verhalten in der "westlichen
Welt", wo ja Zeit Mangelware ist und jede Sekunde zählt.
Zwar wird durch die Hektik des Westens selten Zeit gewonnen,
vielmehr scheint man versuchen zu wollen, durch die alltägliche
"lautstarke Eile" Minuten zu gewinnen, die sich so erst
recht in vergeudete Lebenszeit verwandeln.
Durch diese andere Welt chauffiert uns ein sympathischer
Indonesier, dessen Englischkenntnisse nach dem freundlichen "Hello,
how are you ?!" auch schon vollends ausgeschöpft gewesen
sind. Am Flughafen haben wir die großen Radkartons, in
Millimeterarbeit, geschickt in
den Van, der zu unserer Abholung bereit steht, "hineingebastelt", das restliche Gepäck hat
problemlos daneben Platz. Wegen der Klimaanlage, die auf voller
Stufe bläst, läuft mir ein kalter Schauer über den Rücken. Der
Schweißausbruch beim Verlassen der Flughafenhalle im schwül-heißen Tropenklima, nur 6° südlich
des Äquators, läst das nasse T-Shirt unangenehm auf der Haut
kleben.
Traumpfade
Der Abflug von Perth hat ein zwiespältiges Gefühl hinterlassen.
Zum Einen ist es für uns immer wieder schön, in neue Welten
aufzubrechen und ein neues Kapitel zu eröffnen. Auf der anderen
Seite liegen die Dinge gerade bei diesem Abschied etwas anders.
Mit Australien haben wir unser "Ziel" erreicht. Das
definitive Ende scheint nun erstmals schon zum Greifen nahe zu
sein. Ein gesetztes Ziel zu erreichen ist ein gutes Gefühl - diese Krönung
unseres Projektes ist eine Belohnung, die uns mit großer Freude
erfüllt. Der Aufbruch ins Unbekannte hatte sich aber schon mit dem
ersten erradelten Meter gelohnt.
Am Anfang ist ein Traum. Der Traum ist ein Weg. Der Weg IST das Ziel.
Der Kreis schließt sich. Wenn der Weg das Ziel
ist, und das Ziel somit schon mit dem Aufbruch erreicht ist, warum
geht man dann weiter ? Es ist die Neugier. Was ist hinter der
nächsten Ecke, was am Ende der Straße, was erwartet mich hinter
dem Berg, wohin führt mich dieser Pfad. Somit ist ein Ziel nur ein
willkürlich gewählter Punkt am Lebensweg, der einem, im
Endeffekt, nur wieder als Wegweiser dienen kann. Es ist wie das
Ankommen auf einem Gipfel in einem Meer aus Bergen: Man sieht die
Unendlichkeit der Möglichkeiten, die noch vor einem liegen.
Ein Bungalow im Palmenhain
Nach nur 15 Minuten erreichen wir das Hotel. Unsere
Internetrecherche hat sich ausgezahlt. Ein Volltreffer. Inmitten
eines tropischen Gartens liegt unser Cottage. Ein unerwartetes
Upgrade hat uns dieses Bungalow beschert. Wir sind begeistert. Die
nicht zu große, ruhige Anlage erfreut das Auge durch den
stilvollen Einsatz indonesischer Elemente - von den urtypischen
Palmblattdächern über Statuen bis hin zum hauseigenen Tempel.
Für eine Woche ist Entspannung angesagt. Geplant ist Nichts und
das ist gut.
Unser Tagesablauf ist dann dementsprechend ... einfach:
Frühstück - spät. Dann noch ein Kaffee, oder zwei. Liegen - dem
Wind beim Spiel in den Palmen zusehen. Lesen - Theraux setzt
seinen Fuß auf den schwarzen Kontinent in "Dark Star
Safari", während Nathalie eine turbulente Reise in Brysons
Kindheit unternimmt. Essen - scharf !!! Und zwar richtig. Die
südostasiatische Küche ist für unsere Geschmacksnerven noch
immer der Gipfel der Gaumenfreuden. Spazieren gehen - wenig.
Obwohl uns das alltägliche Chaos vor der Haustür eine
willkommene Abwechslung bietet. Massage - waaahnsinn ! Unsere
"geschundenen Körper" frohlocken bei der traditionellen
Kunst der passiven Entspannung. Schlafen - meist erst spät,
trotzdem viel. Unser Himmelbett hält, was es schon beim ersten
Anblick versprochen hat ;-) So vergeht die Zeit mit einfachen
Dingen.
Weihnachtliches Wetterchaos
Weihnachten rückt unausweichlich näher. Und Weihnachtslieder aus
aller Welt begleiten uns jeden Tag aufs Neue durch das königliche
Frühstücksbuffet. Die freundliche Art der Angestellten, die
schließlich sogar mit roten Mützen verziert übers Parkett
gleiten, versüßt das Leben des sehr internationalen Publikums -
Australier haben es halt nicht sehr weit, um in diese andere Welt
einzutauchen, Japaner können ihre "Fotowut" ungezügelt
ausleben, Niederländer und Schweden nehmen den langen Weg hierher
gerne in Kauf, um ihrer blassen Haut innerhalb kürzester Zeit
einen knallroten Farbton aufzuzwingen und eine kleine Delegation
der indonesischen "oberen Zehntausend" stolziert etwas
arrogant am Personal vorbei, um der "besseren Herkunft"
genüge zu tun. Dem neugierigen Auge des stillen Beobachters wird
nie langweilig.
Hat sich die Sonne zu Beginn noch jeden Tag, wenigstens für ein
paar Stunden gezeigt, so türmen sich bald immer gewaltigere
Wolkentürme über dem Inland zusammen. Der kurze, tägliche
Regenguß weicht einem heftigen Dauerregen ... und ein Ende scheint
nicht in Sicht zu sein.
Unsere Räder haben wir schon in
"Betriebsmodus" versetzt, aber unter diesen Umständen
stellen wir die Abfahrt am 25.Dezember etwas in Frage. Wir kennen
unsere Starthemmung, die wir immer nach einigen Tagen Pause zu
entwickeln beginnen: Der bequeme Alltag flößt uns eine wohlige
Trägheit ein, die erst durchbrochen werden will. Und schlechtes
Wetter am "ersten Tag" ist uns ein Greuel. Die Unwetter
nehmen nach und nach sogar für "Monsun-Verhältnisse" gewaltige
Dimensionen an. Auf der Nachbarinsel Java gibt es gigantische
Erdrutsche, die zig Menschenleben kosten. Drei Tage öffnet der
Himmel ohne Pause die Pforten. Das Land scheint im Dauerregen zu
ertrinken.
Und mitten in dem Wetterchaos weihnachtet es dann. Bei 29° im
Schatten. Halleluja ! Das abendliche Dinnerbuffet - aus gegebenem
Anlaß - enttäuscht. Nur ein Chor aus balinesischen Waisenkindern
erhellt das Gemüt - sie sind der Lichtblick an diesem
regnerischen, "heiligen" Abend.
Einer geht noch ...
Die Trägheit hat gesiegt - wir verlängern unseren Aufenthalt !
"Ein Tag geht noch", ist immer schon einer unserer
"Leitsprüche" gewesen, wenn wir uns mal wieder nicht
von einem gemütlichen Quartier trennen konnten. Und warum mit
"alten" Traditionen brechen ?! So werden aus einem Tag
zwei, und aus zweien dann drei. Aber jetzt ist´s genug ;-) Morgen
"gemmas an" (wienerisch, Dialekt für "beginnen
wir" ;-) Die Räder sind bereit, die Gepäcktaschen gepackt
(die Anhänger lassen wir zurück). Eine Route geplant ?!? Nicht
wirklich. Unsere finale Ausfahrt soll ein spontaner Vorstoß in
das balinesische Hinterland sein. Mit der freudigen Erwartung, uns
einen Weg zwischen Regenwäldern und Reisterrassen zu erradeln,
gehen wir - wieder Mal gar nicht so früh - ins Bett.
Dramatische Wende ... alles wird anders
Am 27.Dezember 2007, um 2 Uhr morgens,
reißt uns dann das Läuten des Telefons aus dem Schlaf. Ich
brauche eine Weile, um das Geräusch zu identifizieren, das mich
um die wohlige Nachtruhe bringt, und wanke zum Hörer. Mein Bruder
ist am Apparat, er wirkt verstört. Mein Vater liegt im Spital.
Man hat eine Hirnblutung diagnostiziert ! Viel kann er mir sonst
nicht sagen. Dann sind wir wieder allein.
Diese Nachricht ändert alles. Kaum etwas wissen wir - tun können
wir nichts. Man ist hilflos, so fern der Heimat - wo man auch
nichts ändern könnte, aber immerhin wäre man da. Die Nacht
wärt scheinbar ewig. Nach vielen Stunden ein Anruf, der etwas
Licht am Horizont aufblitzen lässt. Mein Vater ist ansprechbar
und kann sich an alles erinnern. Die Blutung hat sich nicht weiter
ausgebreitet. Wenn gleich die kritische Phase sicher noch nicht
vorbei ist, so geben diese Neuigkeiten Hoffnung. Für uns steht
aber fest, daß wir unser kleines Zusatzprojekt "mit dem Rad
durch Bali" hiermit NICHT durchführen werden. Den ganzen
Vormittag telefoniert sich Nathalie die Ohren Wund, um die Termine
unserer verbleibenden Flüge vorzuverschieben. Und erstmals
gelingt es nicht eine kompetente Person ans Telefon zu bekommen.
Bisher sind Datumsänderungen, die kostenlos erfolgen, nur eine
Angelegenheit von Minuten gewesen. Diesmal erfordert diese
eigentlich einfache Aufgabe Anrufe nach Jakarta in Indonesien,
nach Australien und Hongkong. Aber ihre Beharrlichkeit wird belohnt
- 5 Stunden später liegt ein neuer Flugplan vor. Aufgrund unseres
Round-the-World Tickets mit OneWorld, haben wir eine etwas
"eigenwillige" Routenführung nach Hause: Am 30.Dezember
geht der frühest mögliche Flug nach Hongkong - die Nacht werden
wir dort verbringen müssen. Am 31. fliegen wir nach Helsinki, mit
der erstmöglichen Maschine, um
Sylvester in Finnland zu verbringen - einen direkten Anschluß
nach Wien gibt es nicht. Dorthin werden wir erst am 1.Jänner 2008
abheben. 3 Tage und 2 Nächte - what a trip !
Mystische
Gesänge ...
...
und alte Rituale
Meinem Vater geht es von Mal zu Mal besser. Das lässt uns etwas
Aufatmen und wir bereiten uns auf die lange Heimfahrt vor. Alles
wird - ein letztes Mal (!) - verpackt. Die Möglichkeit bis zur
Abreise in unserem Quartier bleiben zu können wird uns zugesagt.
Nur am vorletzten Morgen erfahren wir, daß es hierbei einen
Fehler gegeben hat: Unser Bungalow ist schon vergeben. Wir können
aber gegen einen nicht gerade geringen Aufpreis auf die einzig
noch freie Möglichkeit upgraden - die Suite Villa mit eigenem
Pool ! Da der Fehler eindeutig beim Management liegt, lassen wir
nicht locker und handeln - wie am Bazar ;-) - um den erwünschten
Aufpreis. So verbringen wir die finale Nacht in einem
Luxusbungalow, und das gegen ein sehr "moderates"
Entgelt.
Die letzten Tage des Jahres
Im tiefsten Winter zurückzukehren ist eigentlich nicht zu
empfehlen. Schon gar nicht, wenn man an tropische Verhältnisse
adaptiert ist. Nach den durchschnittlichen 30°C in Indonesien,
hat sich die Außentemperatur bei unserer Ankunft in Hongkong
bereits halbiert. Mit der offiziellen Airline des
Weihnachtsmannes, nämlich Finnair, dringen wir dann vollends zum
Gefrierpunkt vor. Sylvester verschlafen wir im eisigen Helsinki,
und spazieren dafür frühmorgens am 1.Jänner 2008 durch die
menschenleeren Gassen der Hauptstadt Finnlands.
Fight
for your dreams
Wie
sich der Affengott aus dem Feuerkreis befreit, ...
...
so können auch wir uns der Fesseln des Alltags der
Mittelmäßigkeit entledigen ...
...
und kämpfen !
The End
Eine lange Reise geht dem definitiven Ende zu. Viel ist passiert -
am Schluß sogar zu viel. Vieles ist ganz anders abgelaufen, als
wir es uns gedacht hätten, aber nichts hat uns aufhalten können.
Wir haben Ideen verwirklicht, uns Träume erfüllt - neue Ideen
entwickelt ... und noch lange nicht ausgeträumt !!! Um kurz vor
19 Uhr abends, am 1.Jänner 2008, betreten wir die Ankunftshalle
am Flughafen in Wien, und schließen unsere Familien in die Arme.
We are back ! Ein Kapitel unseres Lebens geht zu Ende. Aber nur,
um ein neues zu beginnen ...
Wo
sind wir Daten
und Fakten zum Projekt
>>