"Als
Gott die Welt erschuf, hatte er von allem noch eine Hand voll übrig
- Urwaldstücke, Berge, Wüstenfetzen, Flußschlingen, Wasserfälle,
Vulkane, Fjorde und Eis - und er tat das alles in seine
Hosentasche.
Aber
da war ein Loch drin, und als er durch den Himmel schritt,
rieselte alles heraus. Die lange Spur, die er auf der Erde
hinterließ, war Chile."
Land der
Kontraste
-
Märchenwald bei namenloser Lagune -
______________________
Trübe Aussichten ?
Ein Amerikaner, der uns mit seinem Pick-Up Wohnmobil und 2 edlen
Holz-Seekajaks am Dach in Cochrane begegnet - "Aaaah, B.O.B.
Trailer (unsere Anhänger), Thud Buster (die gefederte
Sattelstütze) und Ortlieb Packs (die wasserdichten Packtaschen)
... das hab´ ich auch !" - meint, das es laut
Online-Wetterbericht die nächsten 14 Tage Regen geben wird ...
beginnend mit morgen ! Na wunderbar ! Wetterprognosen sind schon
für die kommenden Tage mit Vorsicht zu genießen, aber für 2
Wochen ... das stimmt dann meist schon gar nicht. Trotzdem,
irgendwie hat uns die (eventuelle) Aussicht auf die
Wetterverschlechterung etwas die Reiselust genommen.
Eigentlich
wollten wir bis Villa O´Higgins in 5 bis 6 Tagen durchfahren,
sogar eingekauft haben wir für die Woche ohne jegliche Siedlung
schon. In 7 Tage würde ein Boot Richtung argentinischer
Grenze gehen. Das kann funktionieren ... aber dieser Zeitplan würde
uns keine Zeit für etwaige Abstecher ins Umland des "Fin del
camino", des Endes der Straße lassen. So überlegen wir,
planen um, werfen wieder alles über den Haufen ... und bleiben
dann noch eine Nacht ! Wir entsagen dem Zeitdruck und machen statt
dessen einen Trip ins Nahe Naturschutzgebiet "Tamango",
welches die größte Population an Huemules, eine hirschähnliche
Wildart, die vom Aussterben bedroht ist, beheimatet.
Carpintero - der
chilenische Specht
Die karge
Landschaft mit den fischreichen Seen erkunden wir auf einer
Wanderung. In der Nacht fegt ein immer stärker werdender Sturm
über das Land. Das Zelt steht stabil in den heulenden Böen, nur
das Tarp hält der Kraft der Winde nicht stand. Um 2 Uhr in der
Nacht müssen wir das flatternde Ungetüm bändigen, schließlich
bauen wir es ganz ab. In der Früh ist es kalt. Aber die Sonne
scheint und beginnt uns langsam aufzuwärmen.
Aufbruch zur letzten Etappe
In Cochrane kaufen
wir noch ein paar Empanadas (mit Fleisch gefüllte Teigtaschen)
für den Abend ein, dann brechen wir auf, um das letzte Teilstück
der Carretera in Angriff zu nehmen. Noch circa 230 km trennen uns vom Ende der Ruta 7.
Wir haben für gut eine Woche Essen dabei, daß sollte für die
Strecke reichen (1-2 "Zusatztage" rechnen wir immer ein,
man weiß ja nie - sei es Schlechtwetter, das einen zwingt zu
ruhen, oder eine Wandermöglichkeit). Gedanklich rechnen wir mit
dem schlimmsten: Wieder ein "Steil bergauf" - Schild
nach dem anderen ... und es kommt ganz anders als gedacht.
Lago Esmeralda
Bei
anhaltendem Sonneschein und gelegentlich leichtem Rückenwind
kommen wir gut voran. Kaum mehr Autos sind unterwegs.
Mit Anfang März ist nun auch die "Ferienzeit" der
Chilenen vorbei, so kommt gerade mal gelegentlich ein Einheimischer mit seinem
Pick-Up der Straße entlang. An manchen Tagen begegnen wir
insgesamt nur 3 Fahrzeugen ! Da wir Caleta Tortel, einen Ort am
Meer, an der Mündung des Rio Baker in die Fjorde der Westküste,
der nur über ein Holzstege-Wegnetz verfügt, nicht anfahren
werden, haben wir bis Villa O´Higgins über 200 km Einsamkeit vor
uns. Der erste Teil der Route läßt immer wieder die Sicht auf
bläulich vereiste Bergriesen des Campo de Hielo Norte zu. Vorbei
an Lagunen und Seen um die sich die Piste schlängelt geht es
wieder hinein in dichtere Wälder.
Brot
toasten am morgendlichen Feuer
"Hochplateaucamp"
über Laguna Larga |
Am zweiten Tag wundern wir uns
nicht wenig, als wir - ohne es richtig zu merken - gestern
anscheinend die erwartete Steigung schon "bezwungen"
haben. Nach 2 Serpentinen bergauf folgt eine fast 7 km lange
Abfahrt ! Für Carretera Austral Verhältnisse ist das
unvorstellbar lange !!! Auch der weitere Verlauf läßt uns
manchmal an der Straßenführung zweifeln ... "Sind wir noch
am richtigen Weg ?!?" Fast zu schnell geht es dahin. Und dann
auch noch ein Traumplatz für unser Zelt bei einem versteckten
kleinen Zugang zum Lago Vargas.
Lagerfeuer
in der Abenddämmerung
"Seecamp"
am Ufer des Lago Vargas
|
Höhenflüge unter Tiefdruckeinfluß
Das Wetter wird langsam aber
sicher etwas unbeständiger. Zuerst nur leichte Regenschauer in
der Nacht, dann tröpfelt es auch untertags immer wieder. Noch
einmal gelangen wir an die Ufer des Rio Baker, der inzwischen eine
beachtliche Breite erreicht hat. Bald zweigt dann die Straße nach
Caleta Tortel ab, die erst seit 2003 besteht. Wir lassen sie
"rechts" liegen und stechen steil über einen
"knackigen" Paß den dunklen Wolken entgegen.
Nur
der Wald und die Straße
Das Schild
am Straßenrand besagt, es sind noch 30 km bis Puerto Yungay, dem Ort
der letzten Fährfahrt, unsere Karten meinen 21 km oder auch 24.
Für den motorisierten Reisenden mag dieser "kleine"
Unterschied vielleicht keine Bedeutung haben, für den reisenden
Radler hingegen sind bis zu 9 vielleicht steile Kilometer, aber unter
Umständen eine lange Zeit. Diese Ungenauigkeiten sind wir
mittlerweile zwar schon gewohnt, wir wundern uns trotzdem über
die Unfähigkeit eine Strecke vielleicht einmal zu vermessen.
Einem anstrengenden Paß folgt ohne viel Umschweife gleich der
nächste. In ausgesetzter Art und Weise ist der Wegverlauf aus
einer jäh abfallenden Steilwand herausgesprengt worden. So
purzeln die Kilometer nicht mehr, viel mehr will jeder Meter
intensiv ausgekostet werden.
Urige Einsamkeit
Die urwüchsige, fast urzeitlich
anmutende Kulisse der namenlosen grünen Bergwelt, von denen sich
unzählige Wasserfälle in die Tiefe stürzen, macht die Qual
etwas erträglicher. Wie der reißende Fluß am Fuße der
majestätischen Riesen, so fließt auch der Schweiß in Strömen.
Das undurchdringliche Dickicht macht das Auffinden eines geeigneten
Zeltplatzes zur Glückssache. Nach einigen Fehlversuchen, werden
wir bei einem der Erkundungsgänge ins feucht-moosige Geäst
fündig.
Wir nehmen den Pfeil (w)örtlich,
und tragen die Räder in den Busch
Der exponierte Platz mit Blick auf den Fjord Michell im
Hintergrund, von dem auch die Fähre ablegt, läßt gerade genug
Freiraum für unsere kleine mobile Behausung.
Exponierter
Zeltaufbau
"Dschungelcamp"
nahe Fjord Michell
|
Um mit unseren
Rädern diesen exklusiven Ort zu erreichen, müssen wir die
Anhänger, Taschen und Räder einzeln in den "Regenwald am
Straßenrand" tragen. Farne, Flechten, Moose ... der
etagenartige Verlauf des Blätterdaches in den Absturz vor dem
Zelt ist atemberaubend. Über uns thront ein Gletscher, der die
Wasserläufe nährt, die sich wie ein Aderngeflecht an den
Berghang schmiegen. Am folgenden Morgen verhüllt die tief
hängende Wolkendecke den Blick auf unseren Wächter aus Schnee
und Eis. Wir frühstücken im Zelt.
Der Kaffe ist gleich
fertig
Wieder auf Meeresniveau
Da wir ja nicht wissen, wie
lange die verbleibende Strecke nun wirklich ist, planen wir
großzügig. Die 12 Uhr Fähre wollen wir erreichen - drei mal am
Tag quert das Boot den Meeresarm. Als wir schließlich nach nur
2,5 km am Hafen ankommen, sehen wir sogar noch die 10 Uhr Fähre
davonfahren. Die 30 km vom Abzeig des Straßenschildes sind
eindeutig die falscheste Information gewesen ;-) Die Pause nützen
wir zum Nichtstun und Essen am Strand.
Fiordo Michell
Diese Schiffsverbindung ist
sogar gratis, vielleicht eine Idee, den entlegenen Süden für
Reisende attraktiver zu machen ?! Auf jeden Fall machen unsere
Räder gleich die Hälfte aller Fahrzeuge an Bord aus - noch ein
Motorrad und ein Auto lassen den Rumpf der Fähre wie leergefegt
wirken.
Die ruhige Überfahrt dauert knapp 50 Minuten. Am Anleger
wartet ein Bus, der die Einheimischen und die wenigen
Rucksackreisenden 2 Mal wöchentlich aus Villa O´Higgins nach
Cochrane bringt. Eine kleine, leere Schutzhütte, sonst ist da nur
der Beginn des finalen Streckenteils. Wir sehen die Fähre
ablegen, als wir den Ufern des Rio Bravo entlang nach Südosten
holpern. Der Motorradfahrer ist an uns vorbeigebraust, ebenso der
Geländewagen. Nur wir sind langsam. Wir haben Zeit - oder besser
wir nehmen uns die Zeit.
River
Crossing - "Old School"
Furten
- Flüsse queren, wie zu Zeiten, ...
...
als es noch keine Brücken gab
|
So finden wir bald einen fast an frühere
Kanu-Camps erinnernden Rastplatz. Gut, die Räder müssen wir
durch sandige Passagen an diesen durch Schwemmholz verdeckten
Strand schieben, aber die kleine Mühe lohnt sich.
Die
Kunst des Tarpverspannens
"Flußcamp"
am Rio Bravo
|
Gelegentlich
lassen die schnell ziehenden Wolken noch die Sonne durchblitzen,
dann wird es auch richtig warm, doch als wir uns gerade nackt in
den eisigen Fluten waschen fegt uns nur ein kalter Wind um die
Ohren. Sauber werden wir trotzdem. Und vor allem sehr schnell trocken
;-)
Der endgültige Wetterumschwung ist da. Der Luftdruck sinkt
rapide. Aus Regenschauern wird Dauerregen. Wir warten zwar unter
dem Tarp am Vormittag auf ein Wunder, aber gegen Mittag brechen
wir trotzdem auf. In Regengewand gehüllt ist der Blick auf die
Straße gesenkt.
Mit dem Druck, stürzen
auch die Temperaturen
Nach der ersten, von 2 laut Karte
prognostizierten Steigungen, machen wir unter einer Brücke Pause.
Unter dem Regenschutz schwitzen wir auf den oft über lange
Strecken steilsten (bis 19 %), kräftezehrenden
Anstiegen, die kurze Abfahrt läßt uns sofort frieren. So wechseln wir
die nasse Wäsche und kochen (ausnahmsweise) sogar eine Suppe.
Wieder in die naß-kalte Regenjacke hinein und in den kalt-nassen
Regen hinaus freut uns gar nicht. Der nächste Anstieg bringt auch
gleich den befürchteten nächsten Schweißausbruch. Ewig zieht
sich der nicht enden wollende Verlauf, der uns kontinuierlich
höherschraubenden Fahrt in die Wolken. Um die Anhöhe bläst ein
heulender Wind, Wolkenfetzen lassen die felsige Umgebung noch
unwirtlicher und abweisender wirken. Wir bremsen uns auf der anderen
Paßseite in ein von Lagunen übersätes Hochtal hinunter.
Gletscher lassen sich im Wolkenmeer nur erahnen. Am Rande eines
Moors finden wir in einer Art Schottergrube einen geschützten
Platz für die Nacht.
Wasservorräte
aus einem Tümpel
"Moorcamp"
im Tal des Rio Colorado
|
Wir verlassen das Zelt nur für
"dringendste Bedürfnisse". Hoffen wir, wegen ein paar
Flecken blauen Himmels, am Vormittag der wahrscheinlich finalen
Etappe (sollte nichts gröberes passieren) erneut auf ein
"Wetterwunder", so werden unsere insgeheimen Ahnungen
von dem Luftdruckverlauf des Barometers nur bestätigt.
Bald am Ziel
Nur kurz zerreißt die
Wolkendecke ...
... der skeptische Blick
traut der Ruhe nicht
Es regnet
sich erneut ein. Die Aussicht auf das Erreichen des Endes der Ruta
7 läßt uns aber den Wetterkapriolen trotzen und sehr schnell
vorrankommen. Einzig der oftmals verwehrte Blick auf die uns so
faszinierende Landschaft trübt das Gemüt. Das erste Mal sehen
wir Villa O´Higgins von einer Anhöhe über dem Lago Cisnes aus.
Die kleine Siedlung am Fuße des Cerro Santiago ist bald erreicht.
Die Straße macht dann interessanterweise einen 15 Kilometer -
"Schlenker", anstatt einfach den logischer
erscheinenderen und viel kürzeren, direkten Verlauf
einzuschlagen. Aber auch da "fliegen" wir förmlich
drüber.
Villa O´Higgins
"Bienvenido a Villa O´Higgins" - das kleine
Schild am Anfang der Siedlung symbolisiert gleichzeitig das Ende der
Ruta 7.
Danke, wir freuen uns auch
wirklich !
Ab hier stellt sich ihr das südliche Inlandeis als
unüberbrückbares Hindernis in den Weg. Für diese
Gedankenspielereien haben wir aber im Moment keinen Sinn. Der
kurze Stopp bringt uns in der feuchten Kälte zum Frösteln. Wir
suchen uns ein Quartier. Die Straßen sind wie leergefegt. Nur 2
Pferde trotten gemächlich durch den Ort. Bei einer Hospedaje
begegnen wir den Besitzern der Unterkunft im Auto auf der Straße
davor. "Ja, eine
Cabana hätten sie auch !" Wir sollen ihnen folgen - da
brausen sie davon. Wir nehmen die Verfolgung auf. Sie verlassen
den Ort Richtung Lago O´Higgins. Nach einem halben Kilometer
winken wir ihnen. Wo soll die Hütte denn bitte liegen ? "Nur
ein Kilometer noch !" Und schon sind sie wieder weg. So
weit außerhalb der Siedlung wollten wir ursprünglich nicht
wohnen, aber wir sehen uns die Sache halt einmal an. Aus dem Einen
werden drei Kilometer. Aber die Lage überzeugt uns. Alleinstehend
auf einem bewaldeten Grund, direkt am Rio Mosco gelegen.
Der Blick aus dem Fenster
auf das breite Flußbett des Rio Mosco
Da nehmen
wir die Fahrten in den Ort gerne in Kauf. Und der Holzofen hebt
nicht nur die Körpertemperatur, sondern auch das Gemüt. Die
Läden haben heute alle zu, so leben wir noch einen Tag von
unseren Vorräten. Mit vollem Magen wird uns erst so richtig
bewußt - wieder ist ein Ziel erreicht !
"Wo der Teufel seinen Poncho verlor ...
"
Glaciar Mosco
Dieses chilenische Sprichwort, steht für Orte
"am A... der Welt". Ist schon Villa O´Higgins so ein
Platz, so stellt das Hinterland um diesen Outpost wirklich ein
menschenleeres Gebiet dar. Wir haben uns entschlossen, dem Verlauf
des Rio Mosco bis zu seinem Ursprung, dem Glaciar Mosco, zu
folgen, und diesen Poncho zu suchen. Mal sehen, ob wir dieses
verdammte Ding finden.
Stiller
Wächter über dem Tal
Schon am Vorabend haben sich die Wolken
gelichtet. Die Schneefallgrenze ist nur knapp über 1500 m
gelegen, so sind fast alle umliegenden Gipfel angezuckert. Ein
weißer Riese wacht eindrucksvoll über dem Tal in dieser
sternenklaren Nacht. Mit schwerem Gepäck und ausreichend Essen
brechen wir für einen 2-Tages Trip in die Berge auf.
Mit 110 Liter-Rucksack
Richtung "Trailhead"
Die Räder
wollen wir bei den Carabineros unterstellen. Als wir dort
eintreffen werden wir freundlich empfangen. Natürlich können wir
die Stahlrösser bei ihnen lassen. Dann fragen sie nach unserem
Vorhaben. "Glaciar Mosco !" - da blicken sie etwas
besorgt drein und erkundigen sich sofort nach unserer Ausrüstung.
Der Weg ist gefährlich, die Felsen lose, die Steine naß, ... Wir
müssen uns registrieren. 16 Uhr am folgenden Tag geben wir als
Rückkehrzeit an. Falls wir bis dahin noch nicht da sind, werden
sie nach uns suchen. In ein Buch wird ein A4-Seiten langer Bericht
über unser Unternehmen angelegt. Unsere Daten werden notiert,
dann Unterschreiben wir den Akt. Mit über einer halben Stunde
Verspätung brechen wir dann endlich auf.
Der Lago O´Higgins ist
mit über 800m Tiefe der fünfttiefste See der Welt
Wir folgen einem
Pferdetrail in den Wald. Vom Regen der vergangenen Woche ist der
Untergrund teilweise knöcheltief verschlammt. Bis zu einem - dem
einzigen - Refugio in der Region könnte man auch mit Packpferden
gelangen. Hier lassen wir den großen 110 Liter-Rucksack und gehen
nur mit einem kleinen Backpack weiter. Der schmale Pfad durch eine
wilde, einsame Bergwelt orientiert sich am immer kleiner werden
Rio Mosco.
Glaciar Blanco
Die weißen Gletschermassen des Glaciar Blanco mit den
dazwischen vorscheinenden, tiefschwarzen Steilwänden lassen die
Gedanken an eventuelle Besteigungen dieser nur sehr schwer
zugänglichen und versteckten Juwele kreisen. In dieser
Abgeschiedenheit sind Begehungen auf bis heutzutage unberührtem
Gelände noch möglich. Nach den Einmündungen der Rios Turbio und
Claro queren wir das hierorts ungewöhnlich weite Flußbett.
Die Umgehung der ersten
Schluchtenge
Vor
uns ragt nur eine schmale Schlucht in die Höhe, aus der der Rio
Mosco hervorgeht. Der mäanderförmige Verlauf des blaugrauen
Gletscherflusses, der die eisigen Fluten stellenweise bis an den
Rand der senkrechten Wände heranführt, macht waghalsige
Aufstiege auf die mit nassem Moos bedeckten, schieferartigen
Gesteinsplatten am Abgrund nötig. Nach der ersten Überschreitung
einer Engstelle folgen wir dem Gewässer wieder am Talgrund.
Da
donnert es urplötzlich. Der gewaltige Knall lässt uns
zusammenzucken. Wir vermuten ein Stück des unserem Blick noch
verborgenen Gletschermassivs ist abgebrochen und rauscht in die
Tiefe. Da sehen wir aber auch schon den
wahren Grund für das markerschütternde Grollen. Vom Gegenhang in
ein paar hundert Meter Entfernung haben sich riesige
Gesteinsmassen gelöst und stürzen nun in einer zig Meter hohen
Staubwolke Richtung Senke. Der in weitem Bogen geschoßförmig zu
Boden rasende Steinschlag läßt mich instinkitv die Nähe der
anderen Felswand suchen. Aufgrund der Distanz sind wir nicht in
Gefahr, aber dieses Ereignis schärft unsere Sinne - wir setzen
den Weg noch vorsichtiger und
aufmerksamer fort.
Nah an der Gletscherzunge,
und doch so fern
Kurze Aufschwünge, eigentlich leichte Kletterpassagen,
sind mittlerweile nötig um die nächste Engstelle zu umgehen. Wir
probieren verschiedene Varianten aus. Aber der in Südausrichtung,
also fast immer im Schatten liegende Wandteil der Schlucht (auf
der Südhalbkugel steht die Sonne zu Mittag im Norden) ist so
durchfeuchtet, daß wir ein weiteres Risiko nicht eingehen wollen.
Wir gehen nicht weiter. Nicht auf diesem Wege.
Vielleicht können
wir den Fluß queren ?! Die andere Seite könnte uns näher an die
Gletscherzunge heranführen. Ich probiere ohne Schuhe und Hose,
nur mit den Wanderstöcken "bewaffnet", das reißende
Hindernis zu überwinden. Die Steine sind glatt und rutschig. Zwar
finden die Stöcke (wackeligen) Halt, doch das eisige Wasser
läßt meine Beine gefrieren. So bleibt es bei einem, wenig glorreichen,
Versuch. Stimmt nicht ganz ... nachdem wir den Flußteil mehrfach
abgegangen sind probier´ ich es noch einmal. Leicht fällt das
Aufgeben nicht. Aber wir folgen unserem Gefühl und kehren um.
Nach dem Abbruch der Tour
Es
ist zwar schade, daß der Endpunkt unserer Wanderung nur eine von
steilen Felswänden umgebende Schlucht mit sehr begrenztem
Horizont und nicht ein mächtiger Gletscher mit Weitblick ist,
dennoch sehen wir die Unternehmung als Erfolg. Wir kehren Heil
zurück und haben einen Einblick in ein sehr abgeschiedenes,
exklusives Eck dieser Welt gehabt. Da wir somit früher als
geplant wieder beim Refuge, der Schutzhütte sind, schultern wir
das restliche Gepäck auch noch und treten gleich den kompletten
Rückweg in unsere Cabana ins Tal an. Nach insgesamt 10 Stunden (8
davon reine Gehzeit) sind wir wieder im Tal.
Ach übrigens, was
das Cape anbelangt ... wir haben es NICHT gefunden ;-)
An
einem sonnigen Nachmittag ...
The
Art of River Crossing - Rio Mosco
New
!!!
Carretera
Austral - Entlang der legendären Straße der Pioniere
>>
Durch
heftigste patagonische Stürme in einem kleinen Boot vorbei an 70
m hohen Gletscherabbrüchen zum chilenischen Grenzposten und
weiter über verschlammte Wanderpfade in eisigem Regen nach
Argentinien bis zu den legendären Granitfestungen Fitz Roy und
Cerro Torre.
Wo
sind wir Daten und Fakten zum
Projekt >> ,