Die
"Ouzoud", das Schiff der marokkanischen
Fährgesellschaft Comanav ist schon 33 Jahre alt.
In Panama registriertes
Fährschiff "Ouzoud"
Das Interieur ist dementsprechend
"abgewohnt", zwar sauber, aber äußerst "basic".
Kurz haben wir überlegt, von der 2.Klasse "upzugraden"
- nach kurzer Besichtigung der "besseren" Kabine, haben
wir uns dann entschlossen, doch in unserer kleinen Kajüte zu
bleiben. Kaum ein Unterschied, außer, daß 2 Stockbetten drinnen
sind und somit etwas mehr Platz.
Kajüte 304
Um 20 Euro/Person haben wir aber den Aufpreis
für das Bordrestaurant anstelle von "Self-Service"
gelöhnt - es hat mehr "Atmosphäre" und einen besseren
Blick aufs Meer. Insgesamt ist die Fahrt mit der Fähre ein eher
teurer Spaß. Pro Person kostet uns die Überfahrt 345 Euro !!!
Für 2 Tage auf See mit Vollverpflegung. 90 Euro davon zahlt jeder
nur für die Räder. Das ist die eigentliche Frechheit. Es
existiert nämlich gar kein extra Platz für unsere
Gefährte.
Fest verzurrt an den Rand gedrängt
An Rohre gebunden, wo sonst halt nichts wäre,
ruhen sie im Schiffsrumpf. Eingezwängt neben bis ans absolute
Limit beladenen Autos und Kleintransportern, die wirklich Platz
brauchen, so schwer sein können wie nur geht und "nur"
270 Euro kosten. (Zum Vergleich 2 Räder 180 Euro !!!) Dabei haben
wir, da wir über eine italienische Agentur gebucht haben, den
billigeren "Italienerpreis" bezahlt. Damit haben wir uns
insgesamt nämlich noch einmal 140 Euro (!!) erspart. Marokkaner
zahlen noch weniger.
Hier ein paar Tipps für die Fähre Genua -
Tanger für Radreisende:
- Wenn möglich über eine italienische Agentur
buchen > "Italiener" zahlen weniger als
"Resteuropäer" (klingt komisch, ist aber so !)
- Für Wagemutige: In Hauptsaison vielleicht
Räder nicht angeben und versuchen vor Ort (vor Ticketkontrolle)
Räder auf Wohnmobil, "Wüstentruck", oder ähnliches
aufzuladen. Gerade in Hauptsaison könnte das funktionieren.
- Erste Klasse zahlt sich wirklich NICHT aus,
besser nur das Essen "upgraden" - und das geht auf der
Fähre an der Rezeption.
Mit Volldampf voraus
Die See ist ruhig, nur eine sanfte Dünung schaukelt das Boot
minimal auf und ab. Wir sitzen an Deck und lesen. Die Sonne
scheint , Möwen und Albatrosse kreisen am Himmel. Insgesamt sind
vielleicht 20 Europäer an Bord, sonst nur Marokkaner. Die Fähre
würde 1200 Passagiere fassen, sie ist aber bei weitem nicht
ausgebucht. 5 mal am Tag ertönt aus den Bordlautsprechern der
Aufruf des "Schiffsmuezzin" zum Gebet. Es gibt einen
extra Gebetsraum. An der Rezeption liegt ein Zettel auf, ein
Marokkaner hat ihn uns erläutert, der die Gebetsrichtung,
nämlich nach Mekka, in Relation zum Schiff angibt. Da noch bis
inklusive 22.Oktober Ramadan ist, sehen wir die meisten erst nach
Sonnenuntergang essen. Auch der Schiffsarzt teilt uns mit, dass er
sich am Nachmittag kurz zur Ruhe begibt, da er sich durch das
Fasten etwas "geschwächt" fühlt.
Der Schiffsarzt hat nur
wenig Platz zur Verfügung
Am Abend des zweiten Tages auf See treffen wir
ihn am Abend in seinem kleinen "Bordspital". Die kleine
Station faßt gerade 2 Betten, einen Schrank mit Medikamenten und
einen Zusatzraum für diverse "Behandlungen". Der Arzt
ist hier ganz auf sich alleine gestellt. Es gibt keinen, der ihm
zur Hand geht. Gerade für Evakuierungen hätte er Hilfskräfte,
die eher für das Tragen der Bahren zuständig wären. Dr. Ghanim
Issam ist 30 Jahre alt. Seit der Beendigung seiner Ausbildung in
Casablanca, arbeitet er bei der Fährgesellschaft Comanav. Schon
auf einigen Schiffen ist er unterwegs gewesen, im Auftrag der
Medizin. Durch die doch 2 ganze Tage dauernde Fahrt, kommen
laufend kleinere und größere Probleme auf ihn zu. Von Übelkeit
über Sonnenstich bis zu Arbeitsunfällen. Bei kritischen
Situationen könnte ein Helikopter verständigt werden. Dieser
kann zwar an Bord nicht landen, aber mit einer Seilwinde könnten
Patienten ausgeflogen werden. In der High Season steht der
Patientenrekord für einen Tag bei 97 (!). Mit Dr. Ghanim haben
wir auch die Möglichkeit, uns die Brücke anzuschauen.
Dem wachsamen Auge entgeht
nichts
Ein Leutenant überwacht die Fahrt. Er freut sich, uns zu sehen
und zeigt uns das Radar, die Seekarten, die Funkstation und das
Steuer. Im 4 Stunden - Rhythmus wechseln sie die Position auf der
Brücke. Der Kapitain wird nur für besondere Manöver oder im
Hafenbereich zugezogen.
Unsere ungefähre Position
Wir befragen den Schiffsarzt, einen gebürtigen
Marokkaner, dann auch noch zu unserer Route im Land. Von ihm
bekommen wir wertvolle Tipps - er gibt uns außerdem die
Telefonnummern von Freunden in einigen Städten im Land. Ihn
können wir auch jederzeit anrufen, falls wir Informationen oder
Hilfe brauchen. Wir freuen uns sehr über seine
Hilfsbereitschaft.
Bei der Ticketkontrolle in Genua ist uns der beeindruckende "Wüstentruck"
eines Innsbruckers aufgefallen, der ebenfalls auf der Fähre nach
Marokko einschiffte. Die meisten Geländefahrzeuge, und das sind
nicht wenige gewesen, haben das Schiff nach Tunis genommen. Dort
sind die Wüsten schneller erreicht. Wir haben während des 2-Tage
Trips öfter die Gelegenheit gehabt, miteinander zu plaudern. Seit
nunmehr 15 Jahren zieht es den Wüstenfan immer wieder in die
einsamen Weiten der Sahara oder der Wüste Gobi. Vor 5 Jahren hat
er sich selbstständig gemacht und läßt nun in kleinstem Rahmen
auch andere an seinen Abenteuern teilhaben. In anregenden
Gesprächen haben wir auch von ihm wertvolle Informationen über
abgelegene Strecken in Marokko erhalten. Vielen Dank, Herbert,
für die Hilfe !
Die Ankunft in Marokko
So vergeht die Zeit auf der Fähre für uns fast zu schnell. Umso
näher wir der Straße von Gibraltar kommen, desto schlechter wird
das Wetter.
Die Straße von Gibraltar
am GPS
Es beginnt zu regnen. Dann kommt auch noch ein
Sturm auf. Der Wellengang wird höher. Wir sitzen im vorderen Teil
des Schiffs und haben ein mulmiges Gefühl im Bauch. Weniger wegen
den Wellen, vielmehr, weil wir gehofft haben, bei schönem Wetter
in Tanger anzukommen. Wir haben auch noch Verspätung. Es beginnt
dunkel zu werden. Aufgrund der vielen Abzocker und finsteren
Gestalten am Hafen von Tanger, soll die Ankunft mit der Fähre
für Reisende zu einer Art Spießrutenlauf werden. In Gruppen
treten die zudringlichen "Helfer" auf, und stürzen sich
auf den müden und unachtsamen Touristen. Im Reiseführer "Lonely
Planet" steht geschrieben: "...one reader recently
described it as ´the worst possible introduction to any country,
anywhere in the world (and that includes Kabul)´" Wir
sind auf das schlimmste gefasst. Unser Schlachtplan ist aufs Rad
und ja nicht stehen bleiben. Einfach einmal weg vom Hafenbereich.
Da wir uns ein Hotel für die ersten Nächte per Internet
organisiert haben, müssen wir auch nicht suchen - was im Dunkeln,
vor allem in der Medina, der verwinkelten Altstadt, sicher nicht
so einfach wäre.
Nun ja, die Zeit vergeht, das Wetter bleibt
gleich schlecht. Nach der um 4 Stunden verspäteten Ankunft.
Warten wir bis alle bei den Autos sind. Dicht an dicht stehen sie
im Bauch des Schiffs. Wir bringen unser Gepäck hinunter und eine
Wolke an Abgasen schlägt uns entgegen. Obwohl Ladeklappen noch
geschlossen sind, haben fast alle den Motor angelassen. Die freien
Flächen nützen sie aus, um in der Fähre wie wild zu wenden.
Alle wollen als erster aus dem Schiff fahren, oder sich ein gute
Position sichern. Ich eile zu den Rädern und kann gerade noch mit
lautem Geschrei einen Kleinbusfahrer davon abhalten, über unsere
Bikes zu fahren. Das tumultartige, völlig konzeptlose
Durcheinander sieht aus, als ob dieses Schiff zum ersten Mal
entladen würde. Dabei geht diese Fähre bis zu 2 Mal
wöchentlich. Ist da wirklich immer so ein Durcheinander ?!?
Als wir endlich hinausradeln können schlägt uns heftigster Regen
ins Gesicht. Es ist rabenschwarze Nacht. Mit meiner Brille sehe
ich bei dem Unwetter gleich gar nichts mehr ;-) Wir tasten uns der
Straße entlang zur Zollkontrolle. Nach kurzem Nachfragen beim
Beamten können wir passieren. Als wir den Hafenbereich verlassen,
sehen wir, dass die Strassen wie leergefegt sind. Ein einziger
Marokkaner kommt auf uns zu, und will uns ein Hotelzimmer
andrehen. Wir ersticken den Versuch im Keim und radeln wie wild
Richtung Altstadt. In der Medina finden wir bald ein Schild mit
dem Hinweis "Hotel Continental" auf einem Haus. Nur noch
200 m. Zwei mal ums Eck, und schon sind wir da. Das war´s ??? Wir
freuen uns riesig. Dieser fast palastartige Bau, das älteste
Hotel Tangers, thront über dem Hafenbecken. Unser Plan ist
aufgegangen. Ein Hotel in der Nähe um schnell in Sicherheit zu
sein. Aber in Sicherheit wovor ? Vielleicht ist es wegen des
Unwetters, ganz ruhig gewesen. Kein Durchkämpfen, kein Trubel.
Triefend naß beziehen wir unser Zimmer.
Hotel Continental
Beim Eintreten sind wir begeistert. Blick halb
auf die Straße von Gibraltar (wenn man was sehen würde ;-) und
halb auf die Medina. So geht ein ereignisreicher Tag zu Ende. Wir
essen eine Kleinigkeit am Zimmer und schlafen bald ein.
Tanger
Die Medina von Tanger
Tanger, als strategischer Punkt zwischen Afrika und Europa an der
Straße von Gibraltar, ist seit über 2500 Jahren von Menschen
besiedelt. Von 1923 weg ist diese Stadt als "internationale
Zone" deklariert und von diplomatischen Agenten aus
Frankreich, Spanien, Großbritannien, Portugal, Schweden, Holland,
Belgien, Italien und den USA kontrolliert worden. 1956 fand die
Wiedervereinigung mit dem damals seit ein paar Monaten
unabhängigen Marokko statt. In der Zwischenzeit ist es ein
Anlaufpunkt für Künstler und Schriftsteller auf der Suche nach
Inspiration und billigen Drogen geworden. Paul Bowles, Tennesse
Williams, Trueman Capote und Alan Ginsberg sind nur einige, die
hier ihrer Leidenschaft nachgingen. Von dem High Society Chic und
der boomenden Schwulenszene ist heute doch sehr viel des Glamours
abgefallen. Doch der legendäre Ruf von einst schwebt noch (wenn
auch nur mehr in Spuren) über der Stadt. Auch wenn der Glanz der
alten Zeiten auf den ersten Blick kaum mehr ersichtlich ist, so
hat die verwinkelte Medina doch ihren ganz eigenen Reiz.
Einer der vielen Eingänge
in die Altstadt
Wir streifen durch die Altstadt und gewöhnen uns langsam an die
hier ganz andere Art zu leben. Gerade am ersten Tag sind wir mit
einer Hand voll Touristen, so scheint es, die einzigen
"Ausländer" in der gesamten Stadt. Da der Ramadan
gerade zu Ende gegangen ist und die drei Tage danach, der
"große Eid", viel gefeiert wird, haben fast alle
Geschäfte geschlossen.
"Grand Socco"
Wir sehen Männer in traditionellem Gewand,
"coole" Jugendliche, die sich in der Gruppe produzieren,
Kinder die an der Armbanduhr oder Kugelschreibern interessiert
sind, "moderne" junge Frauen, die zwar die
Bekleidungsregeln des Islam befolgen, aber modische Akzente setzen
und sich auffällig stark schminken, in Cafes wird vor allem vom
männlichen Teil der Bevölkerung alles eindringlich gemustert ...
es herrscht reges Treiben auf den Straßen.
Der Frühstücksraum im
"Continental"
Das Hotel Continental ist das älteste Hotel in Tanger. Schon
öfter hat das geschichtsträchtige Haus für diverse Filme als
Kulisse gedient. Am berühmtesten vielleicht die Verfilmung von
Paul Bowles "The Scheltering Sky" mit John Malkovic in
einer Hauptrolle. Von unserem königlichen Zimmer sehen wir zur
linken bis zur Kasbah am höchsten Punkt der Medina und zur
rechten das rege Treiben im Hafenbereich. Am Horizont ist jetzt
auch Gibraltar zu erkennen.
Da ertönt wieder der Ruf der Muezzins von den
Moscheen der Stadt und erinnert die Gläubigen an das Gebet.
Grabinschrift am alten
englischen Friedhof bei St. Andrew´s Church
Wo
sind wir Daten und Fakten zum
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